Schluckstörungen (Dysphagien)
Mit dem Thema "Essen und Trinken" beschäftigen wir uns jeden Tag. Wir verwenden viel Zeit für die Beschaffung, Zubereitung und schließlich die Aufnahme der Nahrung. In Gesprächen wird oft über Gerichte und Getränke diskutiert, und Kochsendungen, von denen sich viele Menschen inspirieren lassen, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Biologisch gesehen stellt die Nahrungsaufnahme die Grundlage zur Erhaltung unseres Lebens dar. Die Bedeutung von Essen und Trinken geht aber weit über diese rein physiologische Funktion hinaus, sie sind ein wichtiger und identitätsstiftender Teil jeder Kultur.
Solange das Schlucken reibungslos abläuft, ist sich niemand dieses komplexen Vorgangs bewusst. Wenn einem jedoch "jeder Bissen im Halse stecken bleibt", die Nahrung wieder hochkommt oder wir uns häufig verschlucken, besteht nicht nur eine Gefährdung der Lebensqualität sondern auch des Lebens.
Der Mensch kaut und schluckt mühelos einige hundert Mal am Tag. Schlucken kann reflexartig sein, aber auch willentlich durchgeführt werden. Am Schluckvorgang sind viele Muskeln beteiligt, z.B. Zungenmuskeln, die Kaumuskulatur und die Gesichtsmuskulatur. Wird dieses Zusammenspiel beeinträchtigt, z.B. durch Krankheiten, Unfälle, Operationen, Entzündungen etc., kann es zu Schluckstörungen kommen.
Ist der Mechanismus des Schluckaktes, der den reibungslosen Ablauf des Schluckens ermöglicht, geschwächt oder gestört, können zusätzliche Störungen verschiedener Schweregrade auftreten.
Folgende Symptome können z.B. auftreten:
- häufiges Verschlucken
- Husten
- Gewichtsabnahme
- Würgen während des Schluckens
- starker, unkontrollierter Speichelfluss
- eingeschränkte Zungenkoordination
- Druck- und Kloßgefühl im Hals
- Fieber unklarer Herkunft
- eingeschränkte sensitive Wahrnehmung im Mund und Gesicht
- Nahrungsaustritt aus der Nase
- Verbleibende Essensreste im Mund
- Gurgelnder Stimmklang
- Gurgelnde Atemgeräusche
Sollten Sie diese Symptome bei sich oder Angehörigen beobachten, nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt zu mir auf. Ich bin spezialisiert und erfahren auf dem Gebiet der Schluckstörungen und des Trachealkanülenmanagements.
Die 5 Phasen des Schluckens:
präorale Phase (Phase vor dem Mund):
Die präorale Phase beginnt in dem Moment, in dem Nahrung oder Flüssigkeit in Richtung Mund bewegt werden. Die am Kauen und Schlucken beteiligten Organe bereiten sich auf die Nahrungsaufnahme vor. Die Speicheldrüsen beginnen mit der Speichelsekretion und es werden erste Verdauungsenzyme ausgeschüttet. Je nach erwarteter Konsistenz der Nahrung werden das Abbeißen und die Mundstellung vorbereitet.
orale Vorbereitungsphase (Kauphase):
Die orale Vorbereitungsphase beginnt mit dem Abbeißen der Nahrung bzw. zum Zeitpunkt der Einführung der Nahrung in den Mund. Anschließend wird die Speise gekaut, wobei die Zunge die Nahrung zwischen den Zahnreihen hin und her schiebt und mit Speichel vermischt. Die Lippen- und Wangenmuskulatur sorgen dafür, dass die Nahrung im Mund bleibt. Zum Ende der Kauphase wird die zerkleinerte Nahrung als Speisebrei in einer Mulde der Zunge gesammelt.
orale Transportphase (Phase im Mund):
Durch eine Wellenbewegung der Zunge wird der Speisebolus anschließend nach hinten befördert. Das Gaumensegel hebt sich an die Rachenrückwand, um ein Eintreten der Speise in den Nasenraum zu verhindern.
pharyngeale Phase (Phase im Rachenraum):
Ist der Speisebolus am Beginn des Rachenraums angelangt, wird dort durch dessen Berührung der Schluckreflex ausgelöst. Die folgenden Geschehnisse unterliegen kaum noch der Willenskontrolle, sondern laufen reflektorisch ab. Der Kehlkopf hebt sich an, der Eingang zur Luftröhre wird durch mehrere Mechanismen verschlossen, die Atmung setzt aus, das obere Ende der Speiseröhre wird geöffnet. Eine Pumpbewegung der Zunge drückt die Speise in den Rachenraum und die Rachenmuskulatur sorgt für eine aktive Weiterleitung der Speise bis zur Speiseröhre.
ösophageale Phase (Phase in der Speiseröhre):
Nachdem der Speisebrei in die Speiseröhre eingetreten ist, sorgt die Speiseröhrenmuskulatur durch wellenartige Bewegungen dafür, dass die Nahrung in den Magen gelangt.
Mögliche Ursachen einer Schluckstörung:
- Schlaganfall (mit ca. 25% die häufigste Ursache)
- Schädel-Hirn-Trauma
- Verletzungen der Mundhöhle
- Tumore
- Erkrankungen wie z.B. Multiple Sklerose, M. Parkinson oder ALS
- Demenz
- Wachkomapatienten
- Nebenwirkungen bestimmter Medikamente
Therapie bei Schluckstörungen:
- Verbesserung der Mund-/Gesichtswahrnehmung
- Abbau pathologischer Reflexe
- Verbesserung der Lippen- und Zungenbeweglichkeit und –kraft
- Arbeit an der Körperhaltung
- Ggf. Veränderung der Nahrung
- Umgang mit Hilfsmitteln (z.B. Ess- und Trinkhilfen, etc.)
- Ggf. individuell abgestimmte Schlucktechniken
- Angehörigenunterstützung und -beratung
Literatur & interessante Links
- "Ernährung bei Schluckstörungen", G.D.Borasio, I.M.Husemeyer, 2004, Kohlhammer
- "Essen als basale Stimulation", Markus Biedermann, 2004, Vincentz
- "Die Therapie des Facio-Oralen-Trakts", Nusser-Müller-Busch, 2004, Springer Verlag
- "Die Orofaziale Regulationstherapie", Rodolfo Castillo Morales, 1998, Pflaum Verlag
- "Funktionelle Dysphagie-Therapie", Sabina Hotzenköcherle, 2007, Schulz-Kirchner-Verlag
- "Schluckstörungen", H. Schröter-Morasch, G. Bartolome, 2001, KMB
- "Mund- und Esstherapie bei Kindern", Marsha Dunn Klein, Suzanne Evans Morris, 2001, Urban und Fischer Verlag
- "Schluckstörungen", G. Bartolome u.a., 1999, Urban & Fischer
- "Dysphagie", M. Prosiegel, S. Weber, 2010, Springer Verlag
- "Dysphagie", Wiebke Herbst-Rietschel, 2002, Schulz-Kirchner-Verlag
- "Dysphagie, Schluckstörungen nach Schlaganfall und Schädel-Hirn-Trauma (SHT)", Wiebke Herbst-Rietschel, Schulz-Kirchner-Verlag
- "Informationen und Hinweise für Angehörige von Schädel-Hirn-Verletzten und Menschen im Koma und Wachkoma", Prof. Dr. med. Andreas Zieger, 2006, Eigenverlag Oldenburg
- www.dysphagiezentrum.de
- www.dysphagia-diet.com
- www.dysphagietherapie.de
- www.winvitalis.de
- Online-Ratgeber für Schluckstörung