Stimmstörungen (=Dysphonien)
Definition:
Eine Stimmstörung ist gekennzeichnet durch Veränderungen im Stimmklang eines Menschen. Die Stimme klingt dann tiefer oder höher, verhauchter oder gepresster, klangärmer, leiser, schriller, rauer, kratziger, brüchiger, rauchiger,... als vor Beginn der Erkrankung. Zudem bestehen häufig für den Patienten Anstrengungsgefühle beim Sprechen oder Singen, und viele Patienten mit einer Stimmstörung klagen über Begleiterscheinungen wie Räusperzwang, Hustenreiz, Trockenheitsgefühl, Druckgefühl etc.
Stimmstörungen werden unterteilt in organische, funktionelle, hormonelle und psychogene Dysphonien.
Organische Dysphonien
Unter einer organischen Dysphonie versteht man eine Störung der Stimme, die auf organische Veränderungen im Kehlkopf oder an den Stimmbändern zurückzuführen ist.
Typisch organische Dysphonien sind:
- Stimmbandlähmung (sog. Recurrensparese): Die häufigste Ursache für Stimmbandlähmungen sind Komplikationen bei Operationen, z.B. der Schilddrüse. Das gelähmte Stimmband ist nicht mehr in der Lage, sich zum Öffnen oder zum Schließen zu bewegen. Je nachdem, ob das Stimmband in geöffneter oder geschlossener Stellung verharrt, kommt es zu einer mehr oder minder stark ausgeprägter Stimmstörung.
- Stimmband-Knötchen / Stimmband-Polyp / Stimmband-Zyste / Kontakt-Granulom Aus unterschiedlichen Gründen bildet sich auf einem Stimmband eine verdickte Stelle. Durch die Verdickung können die beiden Stimmbänder nicht mehr in Einklang miteinander schwingen, und es kommt zu stimmlichen Auffälligkeiten.
- Reinke-Ödem Beim Reinke-Ödem zeigt sich eine Lympheinlagerung ("Wassereinlagerung") in den Stimmbändern.
- Stimmbandkarzinom Hier liegt eine Krebs-Erkrankung des Kehlkopfes vor. Je nach Ausdehnung des Tumors muss nur ein Bereich des Stimmbandes abgeschabt oder abgelasert werden, oder es muss das gesamte Stimmband oder gar der ganze Kehlkopf entfernt werden.
Funktionelle Dysphonien
Eine funktionelle Dysphonie liegt dann vor, wenn es organisch keinen Grund für eine Stimmstörung gibt, der Umgang mit dem Stimmapparat jedoch so ungesund und fehlerhaft geschieht, dass es zu deutlichen Funktionseinschränkungen der Stimme kommt.
Am häufigsten betroffen sind Berufs-Sprecher, z.B. ErzieherInnen, LehrerInnen, MitarbeiterInnen in Call-Centern etc. Sie müssen ihre Stimme den ganzen Tag lang unter oftmals sehr ungünstigen Voraussetzungen (Lärmpegel,...) einsetzen. Dieser Belastung sind viele Stimmen nicht gewachsen.
Häufig treten funktionelle Dysphonien nach grippalen Infekten auf: Aufgrund bakterieller oder viraler Infektionen kommt es zur Heiserkeit. Der Patient schont die Stimme jedoch nicht ausreichend und spricht mit erheblicher Anstrengung trotz des Infektes weiter. Die Anstrengung und der aufgebaute Druck sind es, die eine Stimmbesserung nach Abklingen der Erkältungssymptome verhindern. Während der Erkrankung hat sich der Patient einen sehr ungesunden Umgang mit der Stimme angewöhnt.
Die Folge ist oftmals ein fehlender Stimmbandschluss sowie die Ausbildung von Stimmbandknötchen ("Schwielen") oder Ödemen ("Wassereinlagerungen)".
Hormonelle Dysphonien
Bei einer hormonellen Dysphonie liegt die Ursache für die Stimmstörung in hormonellen Faktoren. Die Stimme ist ein sekundäres Geschlechtsmerkmal, das auf Veränderungen oder Störungen des Hormonhaushaltes reagiert.
Psychogene Dysphonien
Unter einer psychogenen Dysphonie versteht man eine Stimmstörung, die auf dem Boden einer psychischen oder seelischen Belastung oder Krankheit entstanden ist.
Patienten mit psychogener Dysphonie klagen vor allem über die starken Begleiterscheinungen wie Druckgefühl und Räusperzwang.
Behandlung:
Je nach Ursache und Ausprägung der Stimmstörung wird ein individuelles Konzept aufgebaut und verfolgt. Die Behandlung erfolgt größtenteils über Stimmübungen, bei denen die Stimmbänder dazu angeregt werden sollen, auf gesunde Art und Weise zu schwingen. Bei organischen Stimmstörungen erfolgt häufig vor Beginn der logopädischen Behandlung eine notwendige Operation der Stimmbänder. Bei hormonellen Stimmstörungen wird eine medikamentöse Behandlung indiziert sein. Bei rein psychogenen Stimmstörungen muss eine psychotherapeutische Behandlung erfolgen. Begleitend dazu kann Logopädie hilfreich und sinnvoll sein. Die Prognose für eine Stimmbesserung ist stark abhängig von der Diagnose sowie von den Bedingungen, die der Patient mit sich bringt.
Literatur
- "Kindliche Stimmstörungen", Ulla Beushausen, 2001, Schulz-Kirchner-Verlag
- "Atme richtig", Hiltrud Lodes, 1985, Mosaik
- "Lebenskraft Atem", Wolfgang Wessely, 1991, Herder Verlag
- "Stimme und Sprache", Günther Habermann, 1978, Thieme Verlag
- "Stimme und Stimmhygiene", Bianca Tesche, 2006, Schulz-Kirchner-Verlag
- "Singen und Stimme", Evemarie Haupt, 2004, Schulz-Kirchner-Verlag
- "Stimme von Fuß bis Kopf", Maria Höller-Zangenfeind, 2007, Studien Verlag
- "Therapie funktioneller Stimmstörung" Brügge, Mohs, 1996, Reinhardt Verlag
- "Praxis der Stimmtherapie", Ute G. Bergauer, 1998, Springer Verlag