Wachkoma
Bei Menschen mit Wachkoma oder Schädel-Hirn-Verletzungen ist Logopädie von großer Bedeutung. Sehr häufig kommt es bei diesen Patienten unter anderem zu massiven Schluckstörungen, die in den meisten Fällen logopädisch zu behandeln sind.
Was ist eine Schluckstörung?
Bei neurologisch bedingten Schluckstörungen ist der normale neuromuskuläre Ablauf, der für den Schluckvorgang verantwortlich ist, verändert. Somit besteht für den Betroffenen die Gefahr, Speichel, Nahrung oder Flüssigkeiten in die Atemwege aufzunehmen. Dieses Verschlucken kann schlimmstenfalls Erstickungsanfälle und/oder eine Lungenentzündung verursachen. Weitere Auswirkungen einer Schluckstörung können eine Unter- oder Fehlernährung, ein zu geringer Flüssigkeitshaushalt des Körpers, Gewichtsverlust sowie Appetitlosigkeit sein.
Die medizinische Erstversorgung und fortlaufende Behandlung von Menschen mit Schluckstörungen hat als Ziel, die ausreichende Ernährung sicher zu stellen und die Atemwege zu schützen. Daraus kann sich ergeben, dass zur Überbrückung eines kritischen Zeitraumes die orale Ernährung unterbrochen wird. Die künstliche Ernährung erfolgt über eine Nasensonde oder über eine PEG (= Magensonde). Außerdem kann es erforderlich werden, die Luftröhre operativ von außen zu öffnen, d.h. einen Luftröhrenschnitt durchzuführen und eine Trachealkanüle (= gebogenes Kunststoffröhrchen) einzusetzen.
Wie ist die Prognose einer Schluckstörung?
Die Rückbildung einer Schluckstörung verläuft individuell verschieden und lässt sich nicht vorhersagen. Die Ausprägung der Schluckstörung und der Erfolg der Therapie sind abhängig von Ort, Art, Größe und Anzahl der Schädigung. Die Therapie kann Wochen bis Jahre dauern. Etwa die Hälfte der Betroffenen, die auf eine Sondenernährung angewiesen waren, können sich nach der Therapie wieder voll oral ernähren. Weitere beeinflussende Faktoren sind z.B. der Allgemeinzustand, die sozialen und familiären Lebensumstände, die Persönlichkeit vor der Erkrankung und ganz wichtig die Mitarbeit der Betroffenen.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Physiotherapie versucht die Bewegungsmöglichkeiten des Patienten anzubahnen, auszubauen und zu verbessern und führt bei bettlägerigen Patienten Atemtherapie durch. Insbesondere in der frühen Behandlungsphase achten Pflegekräfte, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten auf eine gute Lagerung des Patienten ( eine wichtige Behandlungsgrundlage für die Schlucktherapie). Alltagshandlungen wie Waschen, Anziehen, Essen u.a. werden ausprobiert, geübt und an den verbleibenden Fertigkeiten des Betroffenen orientiert. Die Logopädie verbessert die sprachliche und nicht-sprachliche Verständigung und behandelt Kau- und Schluckstörungen.
Auszüge einzelner Bereiche der Schlucktherapie:
- Haltungskorrektur (Rumpf- und Kopfaufrichtung)
- Allgemein stimulierende Maßnahmen (Bewusstseinszustand verbessern)
- Stimulierende und mobilisierende Gesichts- und Zungenübungen
- Hemmung des Beißreflexes
- Verbesserung der Speichelkontrolle
- Auslösung des Schluckreflexes
- Erarbeitung von Schlucktechniken
- Verbesserung der Kehlkopfanhebung
Was bedeutet Kommunikation mit nicht-sprechenden Menschen?
Kommunikation bedeutet Aufnahme und auch die Aufrechterhaltung einer Beziehung. Kommunizieren zwei Menschen, tauschen sie Informationen aus. Wir haben eine große Vielfalt an Ausdrucksformen zur Verfügung und sie sind immer geprägt vom Einsatz der Sinne.
Die Wahrnehmung ist ein innerer Prozess. Diesen inneren Prozess können wir uns jedoch bewusst machen und so die Sinne als hilfreiche Partner in der Kommunikation mit Kranken entdecken. Im Dialog mit kranken Menschen haben wir als Begleiter die Chance, das Vertrauen zum Patienten aufzubauen und weiterzuentwickeln. Wir sind daher ganz besonders in unserer nicht-sprachlichen Dialogfähigkeit gefordert. Seien wir also neugierig genug, gemeinsam mit dem Kranken zu entdecken, welchen Reichtum ihre ganz individuellen Ausdrucksmöglichkeiten für unsere gemeinsame Kommunikation sein können.
Auswahl möglicher nicht-sprachlicher Ausdrucksmittel von kranken Menschen:
Atmung: Beschleunigung, Beruhigung, rhythmisch-unrhythmisch, kurze Unterbrechung der Atmung
Blickkontakt: Lidbewegung, -schluss, Pupillenwanderung
Gesichtszüge: Mimische Ausdrucksvarianten
Körperspannung: An-, Entspannung
Körperhaltung: Beugung, Streckung, Kopfhaltung, Bein- und Fußhaltung, Arm- und Handhaltung
Körperbewegung: hin- und abwenden, Lippen zusammenpressen, Zähneknirschen, Schlagen,Beißen, Autoaggressionen
Laute: Lachen, Weinen, Schreien, Stöhnen
Mit Hilfe körpersprachlicher Signale im Dialog (nach Ziegler, 1999) erhalten wir eine Vorstellung, auf was wir als Begleiter achten müssen, wollen wir gemeinsam mit dem Kranken eine neue Kommunikationsebene suchen. Diese hier vorgestellten Zeichen müssen nicht notwendigerweise auftreten, wurden aber häufig beobachtet und können so als Orientierung gelten.
Zeichen des Sich-Öffnens für eine Dialogbereitschaft sind unter anderem:
- Tiefes Einatmen
- Leichte, aber eindeutige Zunahme der Herzfrequenz
- Leichtes körperliches Entspannen
- Entspannter Gesichtsausdruck
- Leichtes Öffnen von Mund und Augen
- Angedeutete Kopfbewegung zu Ihrer Seite, oder ein leichtes Anheben der Schulter, von Arm und Hand
Zeichen des Sich-Verschließens, für eine Erschöpfung oder Beendigung des Dialogs sind unter anderem:
- Zunehmende unruhige, unregelmäßige oder hektische Atmung
- Schneller, hoher Anstieg der Herzfrequenz
- Schwitzen, überschießendes Erröten, Blasswerden
- Deutliche Anspannung der Muskulatur bis zur Verkrampfung
- Verschließen von Mund und Augen
- Abwenden der Augen und Kopfdrehung zur anderen Seite
- Grimmiger Gesichtsausdruck, Zubeißen, Stirnfalten
Wichtig erscheint aber, dass wir als Begleiter uns immer wieder bewusst machen, dass der Kranke eine individuelle Ausdrucksweise besitzt, die nicht in jedem Fall mit den oben dargestellten übereinstimmen muss.